Ordnung & Unabhängigkeit

Heute darf ich einen sehr persönlichen und intimen Erfahrungsbericht über die Erkenntnisse und die Schlussfolgerungen aus dem Reiss Motivation Profil® teilen, für den ich sehr dankbar bin. Hier werden die Gedanken, die konkreten Maßnahmen und die noch bestehenden Herausforderungen mit den starken Ausprägungen bei Ordnungs- und Unabhängigkeitsmotiv sehr intensiv beschrieben. Auch das Thema ‚mentale Gesundheit‘ spielt eine Rolle und wie die Erkenntnisse dort genutzt werden konnten.

„Die Ausprägung meines Ordnungsmotivs beim Reiss Motivation Profil® beträgt 2.0 (der höchste Wert). Das hat mich nicht überrascht, da ich immer alles zu 100% erledigen wollte und ich erst das Gefühl einer absoluten Vorbereitung brauchte, bevor ich Feierabend machen konnte. Aber die Erkenntnis darüber hat mir klargemacht, dass ich an dem Punkt ganz konkret arbeiten muss, weil mich sonst die Flut von Aufgaben, die heute auf alle einprasselt, und auch die Flut von Informationen, die man jeden Tag verarbeiten muss, kaputtmachen würden. Und das bin ich 2017 angegangen, in dem ich gesagt habe: „Fang doch nicht an und mach direkt 80/20, sondern 95/5, damit du das besser aushalten kannst.“ Weil wenn ich bewusst 80%-Lösungen mal ausprobiert habe, dann war ich tierisch unzufrieden und konnte den ganzen Abend nicht abschalten, weil ich mich so geärgert habe, dass ich das nur halbfertig gemacht habe, und das ist ja auch nicht Sinn der Sache. Das habe ich mir peu à peu ein bisschen angeeignet und ich habe es tatsächlich geschafft, dass ich jetzt sage: “Gut, jetzt habe ich den Stand, so wie er ist, und da mache ich morgen das Beste draus und wenn etwas fehlt, dann fehlt was, das ist aber ja auch kein Drama unbedingt.“

Außerdem das Thema Entscheidungen treffen, auch dann, wenn noch nicht alle Fakten auf dem Tisch liegen. Das ist Paradigma, das ich aus meiner Kindheit von meinen Eltern, mitbekommen habe, weil mein Papa ist genauso ein Zahlen/Daten/Fakten-Mensch wie ich. Wenn man nicht jede mögliche Variante und jeden Ausgang dieser Entscheidung überlegt hat, dann trifft man sie nicht. Und das führt dazu, dass man manche Entscheidungen ein ganzes Leben nicht trifft. Und da habe ich auch wirklich richtig gut die Kurve bekommen, weil ich einfach mit mehr Mut schneller Entscheidungen getroffen habe – sowohl im privaten als auch im beruflichen Bereich – und stelle fest, in den aller, allermeisten Fällen – größer 90% – habe ich damit richtig gelegen und hätte die nicht revidieren wollen und bin damit super zufrieden. Und wenn mal doch, dann ist es ja meistens gar kein Drama. Dann hat man evtl. ein bisschen Geld in den Sand gesetzt oder ähnliches, aber es ist ja immer noch nicht zu spät, das Richtige zu tun, wenn man später feststellt, anders ist besser. Deshalb lebe ich damit tatsächlich sehr viel leichter, weil durch das schnellere Treffen von Entscheidungen kann ich Dinge aus meinem Kopf entfernen und bin dann nicht so mental vollgeladen wie zu anderen Zeiten.

Ich hatte im Herbst 2017 eine Phase, wo dann irgendwie mal gar nichts ging, und da war ‚mental load‘ und Nicht-schlafen-können und Tinitus ein Riesenthema, weil einfach zu viel in meinem Kopf war, was nicht abgehakt werden konnte – eben auch durch das Thema, immer noch nicht Entscheidungen zu irgendwas getroffen zu haben. Das habe ich auch sehr viel besser im Griff, weil ich es mal gewagt habe und jetzt feststelle, dann sind die Dinge entschieden, sie sind abgehakt und damit auch raus aus meinem Kopf und wenn es falsch war, dann kommt es schon zurück, ich brauche mir da keine Sorgen machen. Dann kommt es eben zurück, dann werden die Fakten neu analysiert und dann gibt es eine neue Entscheidung – aber so lange habe ich Ruhe. Und mit ein bisschen Glück kommt das Thema ja gar nicht wieder. Und im positiven Sinne, wenn man merkt, es war richtig, dann tut es ja sogar gut und man hat es nicht immer noch als offenen Punkt auf der To-do-Liste – bin ja auch so ein To-Do-Listen-Mensch.

Ich gehe mittlerweile viel mehr auf das Thema, meine Stärken zu stärken, anstatt mich auf die Dinge zu konzentrieren, die ich sowieso nie richtig gut machen werde. Also mich nicht auf meine Schwächen fokussieren, mich ständig fertig machen, was ich alles nicht gut kann und mich damit runterziehe und mir die Energie raube, gut zu sein und mich volllade im Kopf mit schlechten Schwingungen, sondern ich gehe vielmehr auf den Punkt, meine Stärken zu stärken, und das hat auf jeden Fall in der letzten Zeit sehr dazu geführt, dass ich dann auch nicht immer so geknickt bin, wenn mal irgendwas nicht gut funktioniert hat, sondern dann sage: “Okay, war jetzt nicht optimal.“ Und ich führe mir vor Augen, was in letzter Zeit richtig gut gelaufen ist und das gibt mir viel mehr Energie und zahlt auf mein Energiekonto ein, anstatt auszuzahlen und schlechte Gedanken hauen ja eher noch auf das Energiekonto drauf. Das ist für mein Grundgefühl, für meine Grundlaune, meine Motivation einfach richtig gut, ab und zu mal so ein bisschen hochnäsig zu sagen: „Das war aber gut! Und das war auch gut und das war auch gut!“ Und wenn was mal schlecht gelaufen ist :“Shit happens!“ und den Blick nach vorne richtem. Da war ich auch zu anderen Zeiten ganz, ganz schlecht drin und da hat mir auch das Reiss Motivation Profil® und Insights Discovery® die Augen geöffnet. Auch bei der Fremdwahrnehmung und dem Selbstbild habe ich dir Rückmeldung bekommen, dass die Fremdwahrnehmung von außen sehr viel besser ist als das Selbstbild, das ich von mir hatte. Und dann habe ich versucht herauszufinden, warum und auch versucht, mich so zu sehen, wie mich andere sehen. Und ich glaube, das hat auf jeden Fall gut getan für dieses Thema.

Ich bin beim Motiv Unabhängigkeit im Reiss Motivation Profil® bis zum Anschlag auf Unabhängigkeit. Ist mir auch total klar gewesen, unbewusst, weil ich es überhaupt nicht leiden kann, wenn ich von jemandem abhängig bin oder wenn jemand oder etwas von mir abhängig ist. Also ich bin am liebsten „alleine unterwegs“. Zumindest wenn es darum geht, etwas zu erarbeiten, möchte ich am liebsten in meinem Kämmerchen sitzen und dann komme ich raus und präsentiere mein Ergebnis – da hat dann aber auch bitte keiner mehr irgendwas zu zu meckern – ich muss selber ein bisschen lachen, wenn ich das so sage. Und als das dann so schwarz auf weiß mit dem Reiss Motivation Profil® so dastand, habe ich gedacht „Ach du Schande! Und du willst Projektleiter werden?! Wie passt das denn zusammen?“ Ja, und das ist auch tatsächlich bis heute ein Thema. Es gibt super viele Sachen, die ich an der Projektleitung sehr gerne mache: das Organisieren, dass man ständig dabei ist, Prozessoptimierung zu betreiben, dann finde ich es super, verschiedene Disziplinen zusammenzubringen, mit so vielen unterschiedlichen Bereichen in Berührung zu kommen, die Fäden in der Hand zu halten –  passt auch zu meinem recht ausgeprägten Macht-Motiv, (was ich ehrlich gesagt gar nicht so von mir wusste, bevor ich das Reiss Motivation Profil® gemacht habe). Man verfolgt im Projekt einen festen Weg und man hat so eine Struktur dadrin – Struktur und Ordnung ist halt voll meins. Was aber gar nicht geht für mich an der Projektleitungsrolle sind z.B. Teamsitzungen. Also es geht nicht gar nicht, aber es raubt mir relativ viel Energie, das merke ich immer wieder. Wenn wir 1-2 Tage davor sind, überlege ich mir, was wir machen und ich bin auch dazu übergegangen, die Leute zu ihren Themen vorzuwarnen – damit auch wirklich was bei rumkommt in dem Termin – aber ich mache viele Gedanken, ich bin immer froh, wenn es vorbei ist und dabei ist es nur eine Stunde mit Menschen, die mir bekannt sind – also eigentlich überhaupt gar kein Ding. Ich habe darüber nachgesacht, was genau mich daran so stresst, und ich glaube, es ist das spontane Aufkommen von Themen, die ich nicht kommen sehe. Und auf die ich immer denke, ad hoc antworten zu müssen. Muss ich ja gar nicht. Ist mir auch klar. Aber mein tiefstes Inneres will immer alles sofort beantworten. Das kann man natürlich nicht. Und wenn ich das nicht kann, dann habe ich das Gefühl, ich bin nicht gut. Deshalb sind diese Live-Situationen, mit 9-12 Personen, für mich immer stressig. Alles, was ich vorbereiten kann – Maßnahmen, Punkte die wir in der gemeinsamen Dokumentation pflegen – das ist alles easy.

Dann habe ich allerdings auch schon eine vorgefertigte Meinung zu allen Aufgaben, auch wenn mir die Aufgaben gar nicht gehören – das ist auch so ein Thema, womit ich noch in jedem Fall besser dealen muss, weil sich die Leute dann überrumpelt fühlen. Die haben das Gefühl: „Okay, wenn sie das eh schon gemacht hat, dann brauche ich ja nicht mehr.“ Da muss ich auf jeden Fall loslassen und die Leute machen lassen und dann wiederum auch die Aufgaben einfordern. Ich habe zusätzlich noch das Problem, dass ich niemandem gerne zur Last falle. Wenn ich aber sage, „diese Sache musst du bis zu dem Zeitpunkt haben, sonst kommen wir in den kritischen Bereich“ – das ist auch so ein bisschen mein Problem, dass ich niemanden an den Ohren ziehen möchte, weil ich niemandem zur Last fallen will. Da muss ich noch ein bisschen gucken, wie ich das hinbekomme.

Dann habe ich – das hängt vielleicht damit zusammen – die Rückmeldung bekommen, dass ich immer sehr diplomatisch bin. Das kann man positiv, aber auch negativ sehen. Ich versuche immer irgendwie alle mitzunehmen und wieder abzuholen. Den Einen wird es nerven, der Andere wird es super finden. Ich bin auch inzwischen davon weg, immer alle glücklich machen zu wollen – weil das kann ich nicht. Das fällt mir auch nicht mehr so schwer, wenn ich merke, einer ist damit nicht einverstanden – ja, dann ist es ebenso. Ich bin ja nicht die Mama von allen. Da kann ich inzwischen besser mit dealen.

Alles in allem, kann ich auf jeden Fall sagen, gerade das Reiss Motivation Profil® und Insights Discovery® haben mir aufgezeigt, wo meine Stärken und Schwächen liegen, bzw. wo die Punkte sind, die mir Energie geben und welches die Punkte sind, die mir Energie rauben. Und ebenfalls, dass ich nicht alles gut können muss. Das war die Erkenntnis darüber, dass Menschen unterschiedlich sind – klar, weißt du das schon vorher – aber wie stark unterschiedlich, war mir vorher nicht klar. Immer mit meinem beliebten Beispiel: Ich brauche die Ordnung, ich kann nicht arbeiten, wenn ich im Chaos sitze und jemand anderes braucht die Unordnung auf seinem Schreibtisch, weil er sonst keine Kreativität hat. Und das dann auch in Ordnung zu finden – hihi, „in Ordnung zu finden“, schönes Wortspiel – dass es eben so ist. Der Eine kann das gut, der Andere kann das gut, der Eine braucht das, der Andere das.

Dass ich das für mich in Ordnung finde, dass ich nicht alles super gut kann. Das zu akzeptieren, dass ich bestimmte Ausprägungen habe und mit denen gelernt habe, umzugehen und das Beste rauszuholen. Das führt dazu, dass ich so langsam auf meine Fähigkeiten, die ich habe, vertraue und andere, die ich nicht habe, da gehe ich dann auch ehrlich mit um und sage: „Das ist nicht meins, das kann ich nicht gut, ich mache lieber das.“ Das war auch lange Zeit ein Thema, dass ich immer dachte, ich darf das nicht sagen, wenn ich etwas nicht gut kann, ich muss alles gut können. Aber das ist Quatsch. Man hat Schwerpunkte, das ist so. Jetzt vertraue ich auch einfach mehr auf meine Fähigkeiten, was eben zu einer allgemein besseren Stimmung führt und mir mehr Selbstvertrauen gibt – bei allen Themen eigentlich. Und damit wiederum, das ist die Folge davon, dass ich die Energie, die mir zur Verfügung steht, für das Richtige einsetzen kann und in das Richtige investieren kann. Ich glaube, da habe ich auch lange Zeit meine Energie auf die falschen Pferde gesetzt, um nochmal abends zu gucken, ob eine Präsentation, die ich vorbereitet habe, irgendwelche Schreibfehler haben könnte oder irgendwelche Absätze nicht schön übereinanderstehen – das ist so ein falsch gerittenes Pferd, meiner Ansicht nach, und davon bin ich total weg und das tut mir SOOO gut. Das ist mir mittlerweile einfach voll egal.

Was aber auch dazu beigetragen hat, ist das Leben mit meinen Söhnen, weil noch weniger Zeit für mich selber übrigbleibt und ich mir das gar nicht anders leisten kann, als effizient zu sein – im Privaten und im Beruflichen. Und da muss auch mal was hinten runterfallen. Und wenn ich merke, ich bin mit meiner Energie am Ende, dann fängt alles viel schneller als früher an, mir egal zu werden. Ich gehe ich auf „Notlaufeigenschaft“: wenn die Kinder versorgt sind, wenn ich und mein Mann versorgt sind, dann ist mein Tagesziel erreicht und alles andere kann warten bis morgen und die Welt geht davon nicht unter. Da war ich zu anderen Zeiten ganz anders eingestellt. Ich mache mit meiner Energie, die ich habe, viel sinnvollere Dinge als früher.“

– anonym, Projektleiterin & Mutter


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